08.07.2022

 

Zweite Sitzung der Projektbegleitenden Arbeitsgruppe (PAG)


Naturschutzprojekt „chance.natur – Lebensraum Altmühltal“ stellt Gutachten und Planungen vor
Es geht um mehr als nur um Wiesenbrüter -

Ornbau – Es geht nicht nur um den Erhalt der Artenvielfalt, der Feucht- und Nasswiesen und der Lebensräume für neun hochgradig gefährdete Wiesenbrüterarten. Es geht auch um den Schutz eines einzigartigen Kulturraums, der bayernweit seines gleichen sucht, um mehr Wasserrückhalt für Landwirtschaft, Hochwasser- und Klimaschutz und um mehr extensive Nutzung zum Schutz von Trinkwasser, Fließgewässern und den Seen. "Jede Maßnahme, die gelingt, dient auch dem Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen und unserer Heimat“, erläutert Projektleiter Dietmar Herold.  

Die Arbeiten des vom Bund und Land geförderten Naturschutzprojektes „chance.natur - Lebensraum Mittelfränkisches Altmühltal“ liegen im Zeitplan. Erste Ergebnisse der Planungen und der Gutachten liegen vor, weshalb die Träger des Projektes, die beiden Landkreise Ansbach und Weißenburg-Gunzenhausen, der Landesbund für Vogelschutz und der Landschaftspflegeverband Mittelfranken zu einer Sitzung der „Projektbegleitenden Arbeitsgruppe“ nach Ornbau eingeladen haben.

Um die Ziele zu erreichen, ist es nötig alle einzubeziehen, bringt Herr Landrat Manuel Westphal in seiner Begrüßung zum Ausdruck. Landwirtschaft, Wasserwirtschaft, Kommunen, Tourismus, Jäger, Angler, es gibt viele Interessensgruppen im Altmühltal. Sie waren eingeladen, sich zu informieren und mitzuwirken. Besonders freute er sich, dass auch Vertreter von Bund und Land angereist waren, über die das Projekt zu 90% gefördert wird.


(von links) Projektleiter Dietmar Herold, Landrat Manuel Westphal, Verena Auernhammer (LBV), Dr. Manfred Klein (BfN), Angelika Balzert (BMUV), Frau Annette Hagius (BfN), Bürgermeister Marco Meier, Klaus Fackler (LPV), Landrat Jürgen Ludwig und Andreas Laudensack (StMUV)


Im Rahmen der gut besuchten Veranstaltung in Ornbau berichteten der Projektleiter, die Planer und die Gutachter vom Projektfortschritt, den vorliegenden Ergebnissen und gaben Ausblick, wie es weiter gehen wird.

Wenn alle an einem Strang ziehen, ist vieles machbar. „Vor allem die kooperative Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft ist wichtig“, betont Projektleiter Herold, denn erst die Tätigkeit des Menschen über viele Jahrhunderte hinweg lies die Altmühlwiesen, die Heimat unzähliger Pflanzen- und Tierarten, entstehen. Die Fortsetzung und der Ausbau der naturverträglichen Bewirtschaftung ist essentiell für deren Erhalt. Dietmar Herold ist sich sicher: „Die bäuerliche Landwirtschaft ist nicht das Problem, sie ist die Lösung!“


 Maßnahmenschwerpunkte
Maßnahmenschwerpunkte.

Ein zentraler Baustein ist der „Pflege- und Entwicklungsplan (PEPL)“, der vom Planungsbüro für angewandten Naturschutz GmbH (PAN) in München erarbeitet wird. Dieser Fachplan stellt die Entwicklungsziele und Maßnahmen für die spätere Umsetzung dar. Vogelkartierungen, Datenerhebungen und Bewertungen des Gebietes waren vorausgegangen. Nicht jedes Teilgebiet hat die gleiche Bedeutung für den Wiesenbrüterschutz. Vier Teilbereiche sind nach Frau Dr. Angelika Meschede, der Projektleiterin bei PAN von besonders hoher Bedeutung. Neben dem Wiesmet sind dies der südliche Abschnitt zwischen Aha bis Alesheim, Bereiche bei Haag und Sommersdorf und westlich von Leuterhausen in der Niederung Brunst-Schwaigau. In diesen Räumen muss der Schwerpunkt der Wiesenbrüterschutzmaßnahmen gelegt werden. Maßnahmen zum Wasserrückhalt, extensive, differenzierte und naturverträgliche Wiesen- und Weidenutzung, Gelegeschutz- und Besucherlenkungsmaßnahmen und Bestrebungen zum Erwerb, Pacht oder Tausch von Flächen sind hier mit Nachdruck weiterzuverfolgen.


 Landwirt bei der Heuernte
Landwirt bei der Heuernte.

Um die Chancen und Auswirkungen des Projektes für die Landwirtschaft und die Erholungsnutzung beurteilen zu können, wurde die „Sozioökonomischen Analyse“ in Auftrag gegeben. Datenanalysen, eine Befragung von 25 landwirtschaftlichen Betrieben und eine Onlinebefragung zur Erholungsnutzug stellen die Basis dar. Herr Hans-Hinrich Huss, Geschäftsführer der H&S GbR aus Freising erläuterte, dass der landwirtschaftliche Strukturwandel mit einer Abnahme an Betrieben und Zunahme der Betriebsgrößen auch bei uns im vollen Gang sei. Dennoch ist die Ausgangslage für das Projekt gut. Der Anteil an Landwirten, die sich an Agrarumweltprogrammen wie dem Vertragsnaturschutzprogramm beteiligen, ist mit 30% überdurchschnittlich hoch. Es besteht eine hohe Identifikation der Landwirte mit der Region und der Natur, wie auch die kooperative Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Naturschutz im Wiesmet sehr gut zeigt.


 Mögliche Wertschöpfung aus extensiver Nutzung
Mögliche Wertschöpfung aus extensiver Nutzung.

Die Beteiligung an den Agrarumweltprogrammen alleine reicht nicht aus. Der Stellenwert der extensiven Nutzung muss auch finanziell gestärkt werden. Das Projekt bietet hier große Chancen. So können für Mehraufwendungen und Mindererträge durch Nutzungseinschränkungen bei langfristiger Sicherung Ausgleichszahlungen geleistet werden. Darüber hinaus will das Projekt die Entwicklung neuer Produkte und neuer regionaler Vermarktungen aus der naturverträglichen Nutzung anstoßen, um mehr Wertschöpfung und mehr Wertschätzung zu erreichen.

Welche Möglichkeiten es gibt und wie es gelingen kann, stellte Dr. Andrea Früh-Müller vor, Projektleiterin der Forschungsgruppe Agrar- und Regionalentwicklung Triesdorf GbR (ART), die zur „Entwicklung nachhaltiger naturschutzkonformer Landnutzungsformen“ ein Gutachten erarbeitet haben.

Vier Wertschöpfungsketten stehen im Fokus: Heu- und Futtermittelvermarktung, Vermarktung von Fleischerzeugnissen aus Beweidung, Vermarktung von Milch und Milcherzeugnissen (Stichwort „Heumilch“) und Graspapierproduktion. Wenn es gelingt, die Vermarktung über ein einheitliches Erscheinungsbild mit regionaler (z.B. „Altmühltal“) oder qualitätsgebender Identifikation (z.B. „Wiesenbrüter“) zu organisieren, wobei ein eigenes „Label“ hilfreich wäre, kann es gelingen eine höhere Wertschöpfung in die Region zu bringen.


Im Späherbst sollen die Endergebnisse der Planungen vorliegen und in einer weiteren Arbeitsgruppensitzung vorgestellt werden. Wenn alles nach Plan läuft, kann noch im Laufe des kommenden Jahres mit der Umsetzung der Maßnahmen begonnen werden.

Zum Abschluss der Sitzung dankt Klaus Fackler vom Landschaftspflegeverband den Akteuren für das Interesse, den Gutachtern für das Aufzeigen der möglichen und notwendigen Wege, sowie den Fördermittelgebern, neue Wertschöpfungsketten in das Naturschutzgroßprojekt anstoßen zu können, was in dieser Form wohl einmalig ist. "Auch wenn das Projekt eine „Herkulesaufgabe“ ist, das Interesse und die Beteiligung zeigen, dass es machbar ist!"